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Grenzüberschreitende Umgründungen – Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie

Tax News - 18. Feb 2023 | 4 Minuten Lesezeit

In Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie (Richtlinie 2019/2121, EU-MobilitätsRL) wurde kürzlich der österreichische Gesetzesentwurf zum EU-Umgründungsgesetz (EU-UmgrG) und das Gesellschaftsrechtliche Mobilitätsgesetz (GesMobG) veröffentlicht. Danach sollen grenzüberschreitende Sitzverlegungen sowie die Verschmelzung und Spaltung von Kapitalgesellschaften über die Grenze vereinfacht werden.

Ziel der EU-MobilitätsRL ist die Erhöhung der Mobilität von Kapitalgesellschaften im EU-/EWR-Raum sowie grenzüberschreitender Umstrukturierungen. Grenzüberschreitend tätigen Unternehmen soll es damit ermöglicht werden, Strukturen an geänderte Marktgegebenheiten und Rahmenbedingungen anzupassen.

Für Kapitalgesellschaften gab es bislang lediglich die Möglichkeit, grenzüberschreitende Verschmelzungen auf Grundlage des EU-Verschmelzungsgesetzes sowie Sitzverlegungen auf Basis der Rechtsprechung des EuGH durchzuführen. Gerade letztere stießen aber in der Praxis häufig auf Hürden bei den Registergerichten.

Durch die Umsetzung der EU-MobilitätsRL sollen zusätzliche Regelungen bzw eine rechtssichere Basis für

  • grenzüberschreitende Verschmelzungen,
  • grenzüberschreitende Umwandlungen (Sitzverlegungen) sowie
  • grenzüberschreitende Spaltungen

innerhalb des EU-/EWR-Raumes geschaffen werden.

Eine Neuerung in sämtlichen Wegzugsfällen ist dabei die obligatorische „Missbrauchskontrolle“. Laut den Materialien ist eine Prüfung anhand des Einzelfalls erforderlich, wobei Missbrauch insbesondere dann vorliegen soll, wenn die Umgründung zur Umgehung der Rechte der Arbeitnehmer, von Sozialversicherungszahlungen, von Steuerpflichten, von Forderungen anderer Gläubiger oder zu kriminellen Zwecken benutzt wird.

1.

Grenzüberschreitende Verschmelzungen

Grenzüberschreitende Verschmelzungen waren auf Grundlage des EU-Verschmelzungsgesetz (EU-VerschG) schon bisher möglich. Die Regelungen werden nun überarbeitet und inhaltlich angepasst, wobei das geltende EU-VerschG durch das künftig alle drei Umgründungsarten regelnde EU-UmgrG ersetzt werden soll.

In Bezug auf grenzüberschreitende Verschmelzungen soll es künftig insbesondere wesentliche Erleichterungen für Joint Ventures geben, somit bei Verschmelzungen zwischen Unternehmen, die im Eigentum verschiedener Personen stehen. Neu ist auch, dass künftig zwischen der „Hinaus-Verschmelzung“ und der „Herein-Verschmelzung“ unterschieden wird (§ 27 Abs 4 und 5 EU-UmgrG).

2.

Grenzüberschreitende Umwandlung

Die grenzüberschreitende Umwandlung ermöglicht einer Kapitalgesellschaft, die nach dem Recht eines (Wegzugs-)Mitgliedstaats gegründet wurde oder dessen Recht unterliegt und satzungsmäßigen Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat hat, unter Beibehaltung ihrer Rechtspersönlichkeit in eine dem Recht eines anderen (Zuzugs-)Mitgliedstaats unterliegende Kapitalgesellschaft umgewandelt zu werden (§ 7 ff EU-UmgrG).

Dieser Vorgang ist – anders als die Umwandung nach Art II Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) – als Sitzverlegung oder Formwechsel bekannt und auf Basis von EuGH-Rechtsprechung schon bisher zulässig. Praktisch gingen damit regelmäßig wesentliche administrative Herausforderungen und auch Unsicherheiten einher. Bei der Planung künftiger Umgründungen wird insbesondere – wie schon bei der bisher möglichen grenzüberschreitenden Verschmelzung – die Verlängerung der Gläubigerschutzfrist auf drei Monate zu berücksichtigen sein.

Der Entwurf des EU-UmgrG unterscheidet nun die „Hinaus-Umwandlung“ (österreichische Kapitalgesellschaft verzieht in das EU-/ EWR-Ausland) und die „Herein-Umwandlung“ (EU-Kapitalgesellschaft zieht nach Österreich).

3.

Grenzüberschreitende Spaltung

Schließlich soll auch die (direkte) grenzüberschreitende Spaltung von Kapitalgesellschaften erstmalig möglich sein. In Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie soll nun die grenzüberschreitende Spaltung von Kapitalgesellschaften innerhalb des EU-/EWR-Raumes generell vorgesehen werden (§§ 46 ff EU-UmgrG).

Der Gesetzesentwurf – wie auch die EU-Mobilitätsrichtlinie – beschränkt sich dabei aber lediglich auf Spaltungen zur Neugründung; durch die Spaltung muss somit eine neue Kapitalgesellschaft gegründet werden. Eine bereits bestehende Kapitalgesellschaft kann demnach gemäß EU-UmgrG nicht übernehmende Gesellschaft im Zuge der Spaltung sein.

Bei grenzüberschreitenden Spaltungen hatte sich die Praxis bisher damit geholfen, dass in einem ersten Schritt innerstaatlich eine Spaltung durchgeführt und anschließend eine Sitzverlegung oder Verschmelzung der gespaltenen Gesellschaft über die Grenze vorgenommen wurde. Da der Gesetzesentwurf die Spaltung zur Aufnahme nicht vorsieht, ist davon auszugehen, dass die bisherige Praxis auch weiter Anwendung finden wird.

Auch bei der Spaltung wird zwischen der „Hinaus-Spaltung“ und der „Herein-Spaltung“ unterschieden.

4.

Ausblick

Die gesetzlichen Regelungen werden voraussichtlich noch im ersten Halbjahr 2023 in Kraft treten und damit erhebliche neue Strukturierungspotenziale für europäische Kapitalgesellschaften ermöglichen.

Regelungsbedarf wird sich damit auch aus steuerlicher Sicht ergeben. Insofern darf der Entwurf der steuerlichen Begleitmaßnahmen im Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) mit Spannung erwartet werden. Interessant wird schließlich sein, wie die „Missbrauchskontrolle“ dazu aus steuerlicher Sicht umgesetzt werden wird.

Für die Wahl der geeigneten Gestaltungsmaßnahme ist eine sorgfältige Prüfung der gesellschafts- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen sowohl im Zuzugs- als auch Wegzugsstaat unumgänglich. Dies wird zweifellos auch künftig gelten.