Margenbesteuerung für Reiseleistungen auch bei bloßem Weiterverkauf von Beherbergungsleistungen
Der EuGH hat mit Urteil vom 29. Juni 2023 die Anwendbarkeit der umsatzsteuerlichen Margenbesteuerung für Reisedienstleistungen für den Fall bejaht, dass Beherbergungsdienstleistungen von einem Dritten zugekauft und diese im eigenen Namen weiterverkauft werden, ohne dass dabei die Dienstleistung mit zusätzlichen Leistungen verbunden wäre. Dies tangiert auch die Besteuerung im Konzern.
Sachverhalt
Eine mehrwertsteuerpflichtige (polnische) Gesellschaft (C) bietet ihren Kunden als „Konsolidierer von Hoteldienstleistungen“ die Möglichkeit an, Beherbergungsdienstleistungen in Hotels und anderen ähnlichen Einrichtungen zu buchen. Die Beherbergungsleistungen kauft C von Dritten ein und verkauft diese sodann im eigenen Namen an ihre Kunden weiter. Wenngleich C auch Beratungsleistungen bei der Auswahl der Beherbergung und Unterstützung für die Organisation der Reise anbietet, erbringt C überwiegend lediglich Beherbergungsdienstleistungen.
Fraglich war, ob für die Erbringung von Beherbergungsdienstleistungen, welche nicht mit zusätzlichen sonstigen Leistungen verbunden sind, die Sonderregelung zur Margenbesteuerung für Reisedienstleistung iSd Art 306 MwSt-RL anwendbar ist, „soweit die Reisebüros gegenüber dem Reisenden in eigenem Namen auftreten und zur Durchführung der Reise Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen.“
Urteil des EuGH
Der EuGH stellte mit Urteil vom 29.06.2023, C-108/22, Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej, klar, dass die Sonderregelung für Reiseleistungen (Margenbesteuerung) auch dann anwendbar ist, wenn die Leistung des Steuerpflichtigen ausschließlich die Unterbringung umfasst, sofern diese Leistung von einem Dritten eingekauft wurde und im eigenen Namen weiterverkauft wird.
Ein Ausschluss der Sonderregelung bei Erbringung von (lediglich) Beherbergungsdienstleistungen würde zu einer komplexen steuerlichen Regelung führen, die überdies den Zielen der MwSt-RL widersprechen würde.
Praktische Auswirkungen
Seit 1. Jänner 2022 ist die Sonderregelung für Reiseleistungen gemäß § 23 UStG (Österreich) auch für Reiseleistungen, die an einen Unternehmer (B2B) erbracht werden, anwendbar bzw anzuwenden.
Werden daher von einer Konzerngesellschaft mit Sitz in Österreich Beherbergungsleistungen von einem Dritten eingekauft bzw bezogen und konzernintern an eine andere Konzerngesellschaft weiterverkauft bzw erbracht, unterliegt die Beherbergungsleistung der österreichischen Konzerngesellschaft der Sonderregelung für Reiseleistungen. Die Reiseleistung wird dabei an dem Ort ausgeführt, von dem aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt; wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung. Die Ausgangsleistung der österreichischen Konzerngesellschaft unterliegen diesfalls in Österreich der Margenbesteuerung. Die österreichische Konzerngesellschaft ist im Hinblick auf die eingekauften Reisevorleistungen (Beherbergungsleistung von Dritten) folglich nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Werden hingegen Reiseleistungen (konzernintern) bloß vermittelt, gilt die genannte Sonderregel des Art 306 Abs 1 MwSt-RL nicht, womit die Margenbesteuerung samt damit verbundenem Ausschluss vom Vorsteuerabzug (konzernintern) auch nicht zur Anwendung gelangt. Damit eröffnet sich auch ein Gestaltungsspielraum im Konzern.