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Erleichterungen bei der Unternehmens­nachfolge – Grace-Period-Gesetz passiert Ministerrat

Tax Flash - 12. Apr 2024 | 3 Minuten Lesezeit

Ministerrat beschließt Gesetzesnovellen zur Erleichterung bei Unternehmensnachfolge, womit eine unkomplizierte Betriebsübergabe für Familienbetriebe unterstützt werden soll. Familienbetriebe und Klein- und Mittelbetriebe können künftig auf Antrag bei der Unternehmensübertragung über die Dauer einer sog. „Grace-Period“ von der Finanzverwaltung begleitet und noch ungeprüfte Zeiträume beleuchtet werden. Zudem soll ein Abbau von Bürokratie die Rahmenbedingungen für KMU erleichtern.

Mehr als 99 Prozent der 600.000 österreichischen Unternehmen sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU), davon wiederum sind etwa 150.000 Familienunternehmen, welche auch für einen Großteil der Arbeitsplätze in Österreich verantwortlich sind.

Lt Bundesministerium für Finanzen (BMF) erfolgen zwei Drittel aller Betriebsübergaben innerhalb der Familie. Und gerade Familienunternehmen sind und werden künftig vom Übergabegeschehen betroffen sein, da aufgrund der demografischen Entwicklung jedes zehnte Familienunternehmen in Österreich in den nächsten Jahren vor der Übergabe steht. Damit ist davon auszugehen, dass rd 15.000 Unternehmen in den kommenden Jahren an Nachfolger übergeben werden.1

Mit dem ursprünglich bereits mit Geltung ab 01.01.2023 geplanten Grace-Period-Gesetz2 sollen nun ab 2025 bestimmte Erleichterungen eingeführt, die Rechts- und Planungssicherheit für übernahmewillige Nachfolger gestärkt bzw eine geordnete Betriebsübergabe im Familienverband für die Dauer einer Grace-Periode unterstützt werden. Die Änderungen sollen durch Novellen zur Gewerbeordnung 1994, zum Arbeitnehmer/innenschutzgesetz sowie zur Bundesabgabenordnung umgesetzt werden.

 

Neuerungen im Abgabenverfahren

Im Bereich des Abgabenverfahrensrechtes soll für Unternehmer die Möglichkeit geschaffen werden, während des Übergabeprozesses durch die Abgabenbehörde begleitet zu werden („Begleitung einer Unternehmensübertragung“). Dies unter der Zielsetzung, dem übernahmewilligen Nachfolger größere Rechts- und Planungssicherheit in Hinblick auf den Übertragungsvorgang zu gewährleisten.

Im Zuge der Begleitung einer Unternehmensübertragung sollen demnach

  • bisher noch ungeprüfte Zeiträume des übergebenden Unternehmers geprüft werden, und andererseits
  • die Möglichkeit bestehen, vom Finanzamt Auskunft über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erhalten.

 

Voraussetzungen

Wesentlich ist, dass die begleitete Unternehmensübergabe ausschließlich natürliche Personen, welche Unternehmer iSd § 1 Unternehmensgesetzbuch (UGB) sind, beantragen können, wenn diese

  • Einzelunternehmer oder
  • an Personen- oder Kapitalgesellschaften in einem größeren Ausmaß beteiligt und/oder zur Geschäftsführung befugt sind.

Voraussetzung ist zudem, dass für die Erhebung der Umsatzsteuer des Unternehmens bzw sämtlicher betroffener Personen- oder Kapitalgesellschaften das Finanzamt Österreich zuständig ist. Der Antragsteller hat darüber hinaus zu erklären, dass eine Übertragung seines Unternehmens innerhalb von zwei Jahren ab Antragstellung an eine oder mehrere Personen aus seinem Angehörigenkreis (definiert nach § 25 der Bundesabgabenordnung – BAO), erfolgen wird.

 

Verpflichtende Außenprüfung

Das Finanzamt Österreich hat das Vorliegen der Voraussetzungen nach Maßgabe des § 153i BAO für den Wechsel in die Begleitung der Unternehmensübertragung zu prüfen und eine Außenprüfung durchzuführen. Diese Außenprüfung umfasst die letzten fünf (!) Veranlagungsjahre vor der Antragstellung, wenn für diese bereits eine Abgabenerklärung abgegeben worden ist und hierfür nicht bereits eine Außenprüfung stattgefunden hat.

 

Erweiterte Offenlegung

Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Beendigung der „Grace-Period“ unterliegen der Antragsteller, der Erwerber und gegebenenfalls die Organe einer Personen- oder Kapitalgesellschaft einer erweiterten Offenlegungspflicht. Zusätzlich zu anderen abgabenrechtlichen Offenlegungspflichten sind dabei jene Sachverhalte offenzulegen, die für die Unternehmensübertragung von Relevanz sind und bei denen ein Risiko besteht, dass diese durch die österreichische Finanzverwaltung abweichend beurteilt werden könnten. Diese Offenlegung hat ohne Aufforderung des Finanzamtes zu erfolgen.

 

Erhöhte Rechtssicherheit durch Begleitung

Der erhöhten Rechtssicherheit sollen Besprechungen zwischen den Vertretern des zu übergebenden bzw zu übernehmenden Unternehmens und den zuständigen Organen dienen, wobei diese je nach Erfordernis, anstehende abgabenrechtliche Fragen zu klären, unbegrenzt oft möglich sind. Über diese Besprechungen sind Niederschriften gemäß § 87 BAO zu erstellen, wodurch das Ergebnis der rechtlichen Auskunft festhalten werden soll.

 

Auskunftspflicht

Das Finanzamt Österreich ist verpflichtet, während des Vorganges der Unternehmensübertragung den Vertretern des betroffenen Unternehmens Auskunft über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erteilen.

 

Voraussichtliches Inkrafttreten

Das bereits im Jahr 2021 angekündigte Grace-Period-Gesetz soll nun 2025 in Kraft treten, sodass Anträge auf Begleitung einer Unternehmensübertragung ab dem 1. Jänner 2025 möglich sein sollten. Für das Jahr 2028 ist eine Evaluierung der „Grace-Period“-Maßnahmen vorgesehen, wobei das Bundesministerium für Finanzen (BMF) bis dahin von einer Begleitung von bis zu 600 Übergaben pro Jahr ausgeht.

Die Gesetzwerdung bleibt abzuwarten.

  1. Gemäß Homepage Bundesministerium für Finanzen (BMF), abgerufen am 12.04.2024, https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2024/april/grace-period-gesetz-betriebs%C3%BCbergaben.html.
  2. Siehe Ministerialentwurf zum Grace-Period-Gesetz, Nationalrat – XXVII. GP, https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/ME/149.